Über uns
Überblick
Das Nationalmuseum für Archäologie, Geschichte und Kunst (MNAHA) sowie seine Sammlungen verdanken ihr Bestehen dem Enthusiasmus seiner Anhänger.
Es sind in der Tat die Mitglieder der Gesellschaft für den Erhalt und die Restaurierung von historischen Monumenten, besser bekannt unter dem Namen Archäologische Gesellschaft, die ab 1845 Münzsammlungen und archäologische Sammlungen erstellen. Käufe, Vermächtnisse und Entdeckungen bereichern weiter die Sammlungen, die schnell durch historische Objekte und Dokumente sowie später auch durch Kunstwerke ergänzt werden.
Die Archäologische Gesellschaft wird 1868 zur geschichtlichen Sektion des Institut Grand-Ducal bei dessen Gründung und wird somit staatlich anerkannt. Vergeblich versucht diese die Regierung zu überzeugen, ihre Sammlungen einem neu zu gründenden Museum zur Verfügung zu stellen. Erst 1922 erwirbt der Staat das Haus Collart – de Scherff am Fischmarkt, um es in ein Museum umzuwandeln. So beschließt die geschichtliche Sektion des Institut Grand-Ducal 1927, nach Beginn der Bauarbeiten, seine Sammlungen dem Staat anzuvertrauen – diese bilden heute die Grundlage der Museumssammlungen. Gleichzeitig beginnt der Staat seinerseits, Werke von luxemburgischen Künstlern für das zukünftige Museum zu erwerben. Von Finanzierungsproblemen verzögert wird der Umbau des Hauses Collart – de Scherff in ein Museum erst 1939, zur Hundert-Jahr-Feier der Unabhängigkeit von Luxemburg, vollendet.
Allerdings bricht der Zweite Weltkrieg aus, bevor das Museum eingeweiht werden kann und somit müssen die gerade erst zur Ausstellung hergerichteten Sammlungen in Sicherheit gebracht werden. Gleichzeitig ermöglichen die finanziellen Mittel, die von den Nazi-Besetzern zwischen 1941 und 1944 zur Verfügung gestellt werden, den Erwerb von zahlreichen Objekten in den Bereichen der Angewandten Kunst.
Am Ende des Zweiten Weltkriegs kehren die meisten Sammlungen unversehrt in das Museum zurück, welches 1946 unter dem Namen Staatsmuseen der Öffentlichkeit seine Türen öffnet. Es besteht aus zwei Sektionen – eine für Geschichte und Kunst und eine für Naturgeschichte. Jedes Jahr werden hier Ausstellungen für zeitgenössische Kunst organisiert. Von 1958 an bereichert eine Einkaufskommission den Fundus des Museums durch regelmäßige Anschaffungen von Werken internationaler zeitgenössischer Künstler.
1966 bringt eine Gruppe von Amateuren in Goeblange-Nospelt vier außergewöhnliche gallische Grabkammern ans Licht, die zum einen Teil vom Ende der zweiten Eisenzeit und zum anderen Teil vom Anfang der gallorömischen Epoche stammen. Die Resonanz auf diesen spektakulären Fund in der Welt der europäischen Archäologieforschung macht den Behörden bewusst, wie wichtig es ist, die Archäologie in Luxemburg zu professionalisieren. Somit wird 1972 der erste archäologische Posten in den Staatsmuseen geschaffen und seither bereichern diverse Ausgrabungen die archäologischen Sammlungen. Bis 2022 war das dem Kulturinstitut (dem aktuellen MNAHA) unterstellte Centre National de Recherche Archéologique (CNRA) für das gesamte nationale archäologische Erbe verantwortlich. Mit dem Gesetz vom 25. Februar 2022 wurde das CNRA in das Institut National de Recherches Archéologiques (INRA) umbenannt und direkt dem Ministerium für Kultur unterstellt. Die im Nationalmusée um Fëschmaart ausgestellten archäologischen Sammlungen verbleiben jedoch weiterhin in der Zuständigkeit des Kulturinstituts.
1988 werden die Staatsmuseen in ein Nationalmuseum für Geschichte und Kunst (MNHA) sowie ein Nationalmuseum für Naturgeschichte (MNHN, Naturmusée) aufgeteilt. Im Laufe der Jahrzehnte hatten sich ihre Sammlungen und Aktivitäten so sehr vergrößert und vielseitiger gestaltet, dass nur eine Teilung in zwei separate Institutionen den Platzmangel lösen konnte und deren jeweilige volle Entfaltung möglich machte. Bis allerdings das Naturmusée 1996 in das alte Hospiz Saint-Jean umziehen kann, das für diesen Zweck renoviert und neu eingerichtet wurde, verweilen beide Sammlungen am Fischmarkt unter einem Dach.
Mit dem neuen Gesetz über Kulturinstitute, das am 6. Dezember 2022 verabschiedet wurde, wird unser Kulturinstitut in Nationalmuseum für Archäologie, Geschichte und Kunst (MNAHA) umbenannt. Die Ausstellungsräume am Fischmarkt werden zum Nationalmusée um Fëschmaart. Weitere Informationen finden Sie in Artikel 12 des Gesetzes Loi du 16 décembre 2022 portant modification de la loi modifiée du 25 juin 2004 portant réorganisation des instituts culturels de l’État.
Das Museum während der nationalsozialistischen Besatzung
Vor Kriegsausbruch stand das Museum unmittelbar vor seiner Eröffnung. 1939 wurden die Sammlungen allerdings noch auf Veranlassung der luxemburgischen Regierung ausgelagert. Nach der Besetzung Luxemburgs am 10. Mai 1940 nutzten zunächst das Rote Kreuz sowie die deutsche Frontsammelstelle das Museumsgebäude zur provisorischen Unterbringung von Zivilisten bzw. von der Front heimkehrenden deutschen Soldaten.
Seit Ende 1940 unterstand das Museum im Rahmen der unter Gauleiter Gustav Simon stehenden deutschen Zivilverwaltung dann der Verwaltung der Höheren Kommunalverbandsangelegenheiten beim Chef der Zivilverwaltung.
Die nationalsozialistischen Machthaber entwickelten im Rahmen ihrer unter der Parole Heim ins Reich propagierten Germanisierungspolitik umfassende Pläne für das Museum: Es soll erheblich vergrößert und zu einem Schaufenster „germanischer" Kultur und deutschen „Volkstums" werden. Angedacht war dabei auch ein beträchtlicher Aus- und Umbau der Museumsgebäude, er wurde jedoch kriegsbedingt nie in Angriff genommen.
Während der Besatzungsjahre wurden dennoch zusätzliche Mitarbeiter eingestellt. Dies ermöglichte mittelfristig den Aufbau professioneller Museumsdienste. Der Chef der Zivilverwaltung stellte überdies im Rahmen seiner kulturpolitischen Aufbaumaßnahmen weitere finanzielle Mittel zur Verfügung, mit denen Objekte angekauft werden konnten. Der Schwerpunkt lag dabei auf Objekten aus dem Bereich der Volkskunde.
Die Ankäufe der Jahre 1940-1945
Die Inventarlisten verzeichnen für die Jahre 1940-1944 insgesamt nur rund 450 Einträge, für das Jahr 1945 sind keine Zugänge mehr zu verzeichnen gewesen. Da sich hinter einer Inventarnummer aber in vielen Fällen mehrere – manchmal über 100 – Einzelobjekte verbergen, ist die Zahl der erworbenen Objekte um ein vielfaches größer. Insgesamt wurden während der Besatzungsjahre ca. 3.500 Objekte in die Museumssammlungen aufgenommen.
Den überwiegenden Teil davon bilden Gegenstände des täglichen Gebrauchs. Insgesamt schlagen die Ankäufe der Besatzungszeit daher auch nur mit knapp über 200.000 Reichsmark zu Buche. Der Durchschnittspreis der angekauften Objekte lag bei 60 Reichsmark. Nur vier Objekte wurden für jeweils mehr als 4.000 Reichsmark angekauft, kein einziges für mehr als 9.000 Reichsmark.
Unter den vom Museum angekauften Gegenständen spielen Kunstwerke nur eine untergeordnete Rolle. Gemälde wurden selten und nur im Verbund mit anderen landes- oder volkskundlich interessanten Objekten erworben. Ihr Ankauf erfolgte nicht wegen ihrer künstlerischen Qualität oder kunsthistorischen Bedeutung, sondern weil diese Bilder – es handelt sich vor allem um historische Porträts – ebenfalls einen direkten Bezug zur Landesgeschichte aufweisen.
Die Inventarlisten der Jahre 1940-1945
Das MNAHA ist um vollständige Transparenz in Fragen der Provenienz seiner Sammlungsbestände bemüht. Das Museum legt daher seit 2006 die kompletten Registereinträge der Sammlungszugänge der Jahre 1940-1944 auf seiner Homepage (s. Download-PDFs) vor und steht jederzeit für weitere Fragen zur Verfügung.
Die Sammlung Edmond Reiffers
Eine Ausnahme in der Ankaufspolitik der nationalsozialistischen Besatzungszeit stellt der Erwerb von Teilen der Kunstsammlung des luxemburgischen Notars Edmond Reiffers dar. Von mindestens 71 zu Kriegsbeginn in der Sammlung befindlichen Werken wurden auf Anweisung des Chefs der Zivilverwaltung in zwei Schritten - 1942 und 1944 - insgesamt 39 Kunstwerke angekauft und in das Museum überstellt (Inv. 1942-74/1-16 und Inv. 1944-22/1-23).
Der Verkauf erfolgte freiwillig. Für die fünfunddreißig Gemälde und vier Plastiken wurden 831.250 Reichsmark bezahlt. Damit entspricht der Ankauf der Sammlung Reiffers deutlich mehr als dem vierfachen Wert aller übrigen Ankäufe der Besatzungszeit zusammen. Auch die Tatsache, dass es sich bei den angekauften Objekten ausschließlich um Kunstwerke ohne jeden Bezug zur Landesgeschichte handelt, stellt eine Ausnahmeerscheinung innerhalb der Sammlungstätigkeit jener Jahre dar.
Für 37 [RL1] der heute im MNAHA befindlichen Gemälde lässt sich nachweisen, dass sie bereits spätestens 1935 im Besitz von Edmond Reiffers waren. Auch für die übrigen Kunstwerke ist ein Ankauf nach 1935 aufgrund der durch die Weltwirtschaftskrise bedingten prekären finanziellen Situation des Sammlers sehr unwahrscheinlich.
Das Museum war nicht in die Entscheidungsfindung eingebunden, die Museumsverantwortlichen sind offenbar nicht einmal um eine Einschätzung gebeten worden. Das Motiv für den Ankauf der Sammlung ist eindeutig „innenpolitischer" Natur gewesen. Die absehbaren, schwerwiegenden Folgen eines Konkurses des Sammlers stellten in den Augen der nationalsozialistischen Zivilverwaltung eine Gefahr für die Stabilität des Besatzungsregimes dar.
Eine Übersicht über den Bestand der Sammlung liegt seit 1967 vor, vgl. Joseph-Emile Muller, Catalogue des Peintures anciennes. Luxemburg, 1967 sowie ders. Catalogue des Peintures anciennes. 2e édition 1976. Luxemburg, 1976.
Zur Geschichte der Sammlung Reiffers und dem Ankauf siehe Michel Polfer, Nationalsozialistische Kulturpolitik oder Herrschaftsstabilisierung? Zum Ankauf der Kunstsammlung des Luxemburger Notars Edmond Reiffers durch die deutsche Zivilverwaltung, in: Du Luxembourg à l'Europe. Hommages à Gilbert Trausch à l'occasion de son 80e anniversaire, édités par Jacques P. Leider, Jean-Marie Majerus, Michel Polfer et Marc Schoentgen. Luxemburg, 2011, S. 327-359.